Sachverhalt: Abmahnung und Gegenabmahnung
Ein gewerblicher Verkäufer (Amazon-Händler) mahnte einen Konkurrenten wegen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung auf ebay ab. Der abgemahnte Konkurrent ließ daraufhin die Widerrufsbelehrung des Abmahners prüfen und fand dort ebenfalls einen Fehler. Über seinen Anwalt ließ er daher eine Gegenabmahnung verschicken. In dieser Gegenabmahnung machte er ein Vergleichsangebot, nach dem beide Händler ihre Fehler in der Widerrufsbelehrung korrigieren und jeder die eigenen Anwaltskosten für die ausgesprochene Abmahnung trägt. Nachdem der Amazon-Händler weder auf das Vergleichsangebot eingegangen war noch den Verstoß bei der Widerrufsbelehrung beseitigt hatte, verklagte ihn der ebay-Händler auf Unterlassung und auf Erstattung der für die Abmahnung angefallenen Anwaltskosten. Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidungen der unteren Instanzen und gab dem Kläger Recht.
Regelungen zur Abmahnung im Wettbewerbsrecht
Im UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) ist in § 13 geregelt, dass ein Wettbewerber einem Konkurrenten, der gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen hat, vor Erhebung einer Klage bei Gericht die Gelegenheit geben soll, die Angelegenheit durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung außergerichtlich zu klären. Der Wettbewerber muss also den Konkurrenten vor einer Klage abmahnen. Auf die Abmahnung hin muss sich der Abgemahnte in einer Unterlassungserklärung verpflichten, den Verstoß nicht mehr zu begehen und im Wiederholungsfall eine angemessene Vertragsstrafe zu zahlen (pauschaler Schadensersatz). Wenn die Abmahnung berechtigt war und den gesetzlichen Anforderungen entsprach, muss der Abgemahnte dem Wettbewerber die Kosten der Abmahnung (im Regelfall Anwaltskosten) erstatten. Um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen, muss die Abmahnung klar und verständlich folgende Angaben enthalten:
- den Namen bzw. die Firma des Abmahnenden
- die Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs des Abmahnenden (Abmahnender ist Wettbewerber, Verband oder IHK bzw. Handwerkskammer)
- ob und in welcher Höhe ein Aufwendungsersatzanspruch geltend gemacht wird und wie sich dieser berechnet (Berechnung der Anwaltsgebühren)
- die Rechtsverletzung unter Angabe der tatsächlichen Umstände
Die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs ist unzulässig, wenn sie rechtmissbräuchlich erfolgt. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn es vorwiegend um die Geltendmachung von Zahlungsansprüchen geht (Anwaltskosten, Vertragsstrafe) oder wenn die Abmahnkosten bzw. die Vertragsstrafe unangemessen hoch angesetzt sind.
Urteil BGH vom 21.01.2021, Az.: I ZR 17/18 (Anforderung an Abmahnung, Rechtsmissbräuchlichkeit Gegenabmahnung)
Der BGH hielt im entschiedenen Fall die Gegenabmahnung für wirksam, da sie alle im Gesetz aufgelisteten notwendigen Bestandteile enthielt. Insbesondere reichte es nach Ansicht des BGH aus, dass der Konkurrent bzw. sein Anwalt den Sachverhalt und den Verstoß gegen die Bestimmungen des Wettbewerbsrechts so genau beschrieben hatte, dass der Abgemahnte erkennen konnte, was er zur Vermeidung einer Klage vor Gericht tun soll. Die strengeren Anforderungen an den Inhalt einer Klageschrift bei einer Unterlassungsklage müssen nach Ansicht des BGH in der Abmahnung nicht erfüllt werden.
Außerdem entschied der BGH, dass eine Gegenabmahnung des Abgemahnten gegen den Abmahnenden wegen eines vergleichbaren Verstoßes wie in der Abmahnung nicht zwangsläufig rechtsmissbräuchlich ist. Auch das Vergleichsangebot des Konkurrenten änderte daran nichts. Die anschließende Klage des Konkurrenten auf Unterlassung belege, dass es ihm darum gegangen sei, dass auch der Abmahnende sich nicht weiter wettbewerbswidrig verhält.
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