1. Filesharing – kurz erklärt
Beim Filesharing wird über eine Software (z.B. Bittorent) illegal ein urheberrechtlich geschütztes Werk (z.B. ein Song, ein ganzes Musik-Album, ein Film oder ein Spiel) heruntergeladen und gleichzeitig in das Filesharing-Netzwerk hochgeladen. Jeder aus dem Filesharing-Netzwerk hat dann ebenfalls Zugriff und kann den Song, das Musik-Album, den Film bzw. das Spiel auf sein Gerät herunterladen. Dadurch entgehen den Rechteinhabern Einnahmen durch den Verkauf bzw. das kostenpflichtige Herunterladen aus Internetportalen.
Hier finden Sie die typischen Fehler, die passieren, wenn man eine Abmahnung wegen Filesharing bekommt.
2. Vorgehen der Rechteinhaber bzw. Abmahnkanzleien
Filesharing: Ermittlung, Auskunftsklage gegen Provider, Abmahnung
Die Rechteinhaber lassen daher das Internet regelmäßig auf Filesharing-Vorgänge überprüfen. Sobald sie ein Filesharing entdeckt haben und die IP-Adresse des „Täters“ samt Provider (z.B. Telekom, Vodafone, Unitymedia, 1&1) ermittelt haben, können sie über eine Auskunftsklage den Provider gerichtlich dazu verpflichten, den Anschlussinhaber der IP-Adresse zu nennen. Kurze Zeit später erhält der Anschlussinhaber dann eine Abmahnung.
Meist wird diese von Kanzleien oder Anwälten verschickt, die auf Abmahnfälle spezialisiert sind. Bekannte Kanzleien sind insbesondere Waldorf Frommer, Sasse & Partner, Fareds, Rechtsanwalt Daniel Sebastian, Kornmeier & Partner sowie Rasch Rechtsanwälte. Diese vertreten jeweils bestimmte Musik- oder Filmproduzenten wie Sony Music, Constantin Film, Warner Bros., Twentieth Century Fox, Senator Film, Roadrunner Records, Mindbase Music und Splendid Film.
In der Abmahnung wird der Inhaber des Internetanschlusses zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, zur Zahlung von Schadensersatz und zur Übernahme der entstandenen Anwaltskosten aufgefordert. Im Regelfall wird mit hohen Kosten gedroht und für den Fall einer schnellen Zahlung ein Vergleich angeboten, nach dem ein bestimmter Betrag (oft rund 900 €) gezahlt werden muss und damit alle Ansprüche abgegolten sind. Meist wird hierfür eine relativ kurze Frist von 10-14 Tagen gesetzt.
3. Haftung bei Filesharing
Haftung auch für Rechtsverstöße Dritter (Kinder, Besucher)
Eine Abmahnung kann auch dann berechtigt sein, wenn man selbst kein Filesharing betrieben hat. So kann man beispielsweise auch für die illegalen Handlungen seiner Kinder oder von Besuchern haften. In diesem Zusammenhang kommt es vor allem darauf an, ob Belehrungspflichten über das Verbot von Filesharing bestanden haben und – wenn ja – ob man diesen nachgekommen ist. Da Besucher oft das W-LAN-Passwort bekommen, um E-Mails oder Whats-App-Nachrichten zu lesen bzw. im Internet etwas zu suchen, und fast jeder Besucher ein internetfähiges Smartphone, Tablet oder Ähnliches dabei hat, sollte die Gefahr nicht unterschätzt werden. Dies gilt insbesondere bei Besuch aus dem Ausland, da in anderen Ländern Filesharing teilweise nicht verboten ist oder zumindest nicht verfolgt wird.
Darlegungslast bei Filesharing
Je nach Sachverhalt sind Sie zudem verpflichtet, dem Rechteinhaber mitzuteilen, wer Ihren Internetanschluss am entsprechenden Tag genutzt hat und die Urheberrechtsverletzung begangen haben kann (sog. abgestufte Darlegungs- und Beweislast).
Vermeintliches Streaming
In den letzten Jahren sind zudem Viele in die Falle vermeintlicher Streaming-Angebote getappt. Die entsprechenden Internetseiten sehen täuschend echt wie Portale fürs Streamen aus, enthalten aber eine Filesharing-Software. Wer nicht ganz genau hingeschaut hat, hat – ohne es zu wollen – Filesharing betrieben.
4. Filesharing und Arten der Unterlassungserklärung
Strafbewehrte Unterlassungserklärung
In der Unterlassungserklärung soll sich der „Täter“ verpflichten, nicht noch einmal den Song, das Musikalbum, den Film bzw. das Spiel illegal mittels Filesharing herunter- bzw. hochzuladen. Für den Fall eines erneuten Rechtsverstoßes verpflichtet er sich darin zur Zahlung einer Vertragsstrafe. Meist wird die zu zahlende Vertragsstrafe nicht mit einer konkreten Summe genannt sondern allgemein von einer „angemessenen Vertragsstrafe“ gesprochen (sog. Hamburger Brauch). Was angemessen ist, bestimmt im Regelfall die Abmahnkanzlei. Allerdings kann der so festgesetzte Wert vom zuständigen Gericht überprüft werden.
Modifizierte Unterlassungserklärung
Oft ist die von der Abmahnkanzlei vorgefertigte Unterlassungserklärung zu weitgehend. Dadurch werden die Voraussetzungen, wann ein erneuter Verstoß vorliegt und eine Vertragsstrafe zu zahlen ist, zu niedrig angesetzt. Auch wird durch die Formulierung oft der behauptete Verstoß eingeräumt. In vielen Fällen wird zudem durch die Angabe des für die Überprüfung der Vertragsstrafe zuständigen Gerichts indirekt eine Mindest-Vertragsstrafe von 5001 € festgelegt. Daher muss die vorgelegte Unterlassungserklärung meist modifiziert werden.
5. Typische Fehler bei Abmahnung wegen Filesharing
a) Abmahnung nicht ernst nehmen / Fristen verstreichen lassen
Viele nehmen eine Abmahnung nicht ernst. Sie halten sie für „Abzocke“ und reagieren einfach nicht. Dadurch verstreichen die von der Abmahnkanzlei gesetzten Fristen und es steigt die Gefahr, dass Sie verklagt werden, insbesondere auf Unterlassung und Schadensersatz. Zwar verklagen die Abmahnanwälte nicht alle, denen sie Filesharing vorwerfen. Einige werden aber verklagt, schon allein, damit es sich nicht herumspricht, dass es sich bei den Drohungen um leere Drohungen handelt. Ein Gerichtsverfahren ist auf jeden Fall zeitaufwändig. Sie müssen Besprechungen mit Ihrem Anwalt und Gerichtstermine wahrnehmen. Selbst wenn Sie selbst nichts Illegales gemacht haben, besteht die Gefahr, dass Sie den Prozess verlieren, da Sie für das Fehlverhalten anderer haften. In diesem Fall müssen Sie die Gerichtskosten, die eigenen Anwaltskosten und die Anwaltskosten der Gegenseite tragen.
b) An der falschen Stelle Geld sparen wollen
Viele gehen in einer solchen Situation nicht zum Anwalt, da sie es für sinnvoller halten, den geforderten Betrag einfach zu zahlen statt viel Geld für einen Anwalt auszugeben und im schlimmsten Fall zusätzlich an die Gegenseite zahlen zu müssen. Hier sparen Sie an der falschen Stelle. Ohne anwaltliche Hilfe wissen Sie nicht, ob die Abmahnung berechtigt ist oder nicht. Auch können Sie kaum erkennen, ob die Unterlassungserklärung zu weit gefasst ist und korrigiert werden muss. Da eine Unterlassungserklärung 30 Jahre gültig ist, kann dies weitreichende Folgen haben. Außerdem wissen Sie nicht, auf was Sie in Zukunft achten müssen, damit Sie nicht noch einmal eine Abmahnung bekommen. Daher ist das an Ihren Anwalt bezahlte Geld gut angelegt. Oft lohnt es sich auch gleich zu Beginn finanziell, da der Anwalt zumindest den an die Gegenseite zu zahlenden Betrag mit den passenden Argumenten herunterhandeln kann.
c) Gegner / Abmahnkanzlei selbst kontaktieren
Viele rufen selbst bei der Gegenseite bzw. beim Abmahnanwalt an – sei es, weil sie sich das Geld für einen Anwalt sparen wollen oder weil sie nach Erhalt der Abmahnung erschrocken sind und spontan reagieren. Dies sollten Sie auf keinen Fall tun. Durch eine unbedachte Äußerung räumen Sie eventuell einen Verstoß ein. Jedenfalls legen Sie sich durch alles, was Sie zum Vorwurf und dem Geschehen am „Tattag“ erzählen, fest. Nur ein Anwalt kann Ihnen sagen, wie man – je nach den konkreten Umständen – am besten vorgeht und was man der Gegenseite gegenüber angibt.
6. Weitere Abmahn-Gefahren
Abgesehen vom Vorwurf des Filesharings kommt eine Abmahnung vor allem bei folgenden Sachverhalten in Betracht:
- bei der Verletzung von Urheberrechten (z.B. durch Verwendung fremder Produkt-Fotos – etwa aus dem Internet bzw. den Verkaufsseiten anderer Verkäufer – bei ebay)
- bei der Verletzung von Markenrechten (z.B. Produktpiraterie, durch den Verkauf von Waren, die nicht vom Original-Hersteller stammen)
- bei Wettbewerbsverstößen (z.B. bei unzulässigen Werbemaßnahmen, etwa unzulässigen Vergleichen mit der Konkurrenz bzw. Konkurrenzprodukten oder unzulässigen Werbeaussagen über eine angeblich gesundheitsfördernde Wirkung)
- bei einem fehlerhaften oder unvollständigen Impressum
- bei einer fehlerhaften oder unvollständigen Datenschutzerklärung
- bei fehlerhaften Wohnungsanzeigen (z.B. Mietangebot ohne Angaben zum Energieausweis)
Sie haben Fragen rund um Abmahnung wegen Filesharing?
Da Abmahnkanzleien oft sehr kurze Fristen setzen, kommen Sie möglichst schnell zu einer Erstberatung zu uns. Wir prüfen die Abmahnung und besprechen mit Ihnen das weitere Vorgehen. Selbst wenn wir zu dem Ergebnis kommen, dass Sie einen Rechtsverstoß begangen haben oder für den Rechtsverstoß anderer haften, gelingt es uns oft, den zu zahlenden Betrag mit entsprechenden Argumenten deutlich nach unten zu verhandeln. Auch prüfen wir für Sie die von der Abmahnkanzlei vorformulierte Unterlassungserklärung und modifizieren sie bei Bedarf, damit Sie sich nicht zu mehr verpflichten als unbedingt nötig.
Wenn Sie eine Abmahnung bekommen haben, lassen Sie nicht unnötig Zeit verstreichen sondern kommen am besten gleich auf mich zu.