Verschärfte Aufklärungspflichten beim Verkauf einer Immobilie

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Es gelten verschärfte Aufklärungspflichten beim Verkauf einer Immobilie bei Mängeln und anstehenden Sanierungskosten. Wir klären auf.

Datenraum bei Verkauf Immobilie

Eine Firma hatte mehrere Gewerbeeinheiten für einen Kaufpreis von mehr als 1,5 Millionen Euro gekauft. Im Kaufvertrag versicherte der Verkäufer, dass es keinen Beschluss der Eigentümergemeinschaft über eine künftige Sonderumlage gibt und dass keine Sanierungen anstehen, deren Kosten nicht von der bestehenden Instandhaltungsrücklage gedeckt werden können. Außerdem wurde im Vertrag festgehalten, dass der Verkäufer dem Käufer die WEG-Beschlüsse der letzten 3 Jahre zur Verfügung gestellt hat und dieser somit davon Kenntnis hatte.

Während der Verhandlungen über den Kauf hatte der Käufer in einem virtuellen Datenraum – die Unterlagen wurden also nicht in Papierform sondern elektronisch zur Verfügung gestellt – Zugang zu diversen Unterlagen zum Kaufobjekt. Drei Tage vor Unterzeichnung des Kaufvertrages stellte der Verkäufer in diesen Datenraum das Protokoll einer Eigentümerversammlung, aus dem sich Sanierungskosten in Bezug auf das Gemeinschaftseigentum von bis zu 50 Millionen Euro ergaben sowie die Vereinbarung einer Sonderumlage ergaben. Nachdem der Käufer davon erfuhr, erklärte er die Anfechtung des Kaufvertrages.

Argumente Käufer

Der Käufer war der Meinung, dass in den Datenraum von Anfang an alle relevanten Dokumente eingestellt sein müssen. Wird etwas erst kurz vor Unterzeichnung des Kaufvertrages eingestellt, muss der Verkäufer darauf hinweisen.

Urteil BGH vom 15.09.2023, Az.: V ZR 77/22

Nach Ansicht des BGH hat der Verkäufer seine vorvertraglichen Aufklärungspflichten verletzt. Die Zurverfügungstellen von Unterlagen allein reicht nicht aus, um von einer Kenntnis des Käufers auszugehen.

Anders kann dies nach Ansicht der Richter bei einer Due-Diligence sein, also wenn der Käufer eine ausführliche Prüfung des beabsichtigten Geschäfts und der Unterlagen durchführt. Da dies hier nicht der Fall war, hätte der Verkäufer nicht davon ausgehen dürfen, dass der Käufer die neuen Unterlagen noch zur Kenntnis nimmt und daher gesondert darauf hinweisen müssen.

Außerdem kommt nach Ansicht des BGH ein Schadensersatzanspruch des Käufers wegen der – zumindest unvollständigen wenn nicht sogar falschen – Erklärungen des Verkäufers zu den Sanierungskosten und der Instandhaltungsrücklage.

Bedeutung des Urteils über Immobilienverkäufe hinaus

Das Urteil des Bundesgerichtshofs könnte die Informationspflichten und Aufklärungspflichten für Verkäufer nicht nur beim Verkauf einer Immobilie sondern auch bei anderen Unternehmenstransaktionen verschärfen und dafür sorgen, dass Verkäufer solche Verkäufe künftig sorgfältiger vorbereiten müssen. Insbesondere müssen sie Käufer frühzeitiger und eindeutiger über für den Kauf wesentliche Umstände aufklären. Die gängige Praxis, sich einer Haftung durch eine – oft sehr kurzfristige – Offenlegung einer Vielzahl von Unterlagen zu entziehen, dürfte nicht mehr funktionieren. Größere Bedeutung dürfte zudem nun der Vereinbarung einer Due Diligence zukommen.

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