Wann kann Mieter die Miete mindern? Bauarbeiten im Haus, nackter Vermieter im Hof und mehr

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Nach dem Gesetz (§ 536 Bürgerliches Gesetzbuch, abgekürzt BGB) kann der Mieter die Miete mindern, wenn ein Mangel der Mietsache vorliegt. Voraussetzung ist, dass der Mangel die Nutzung der Mietsache zu dem Zweck, der im Mietvertrag geregelt ist (z.B. Benutzung als Wohnung, als Büroräume oder als Ladengeschäft) beeinträchtigt.

Urteil OLG Frankfurt a. M. vom 18.04.2023, Az.: 2 U 43/22

In einem gemischt genutzten Haus – in dem Haus befanden sich sowohl Wohnungen als auch Büroräume – sonnte sich der Vermieter, der ebenfalls im Haus wohnte, regelmäßig nackt im Innenhof des Gebäudes. Der Mieter einer Büroetage minderte deshalb – und wegen angeblicher weiterer Mängel – die Miete. Der Vermieter reichte daraufhin Klage bei Gericht ein und verlangte die rückständigen Mieten. Größtenteils bekam er Recht.

Nackter Vermieter im Hof kein Mietmangel

Eine Mietminderung, weil sich der Vermieter regelmäßig unbekleidet auf einer Liege im Innenhof sonnte, lehnten die Richter ab. Umstände, die das ästhetische Empfinden anderer verletzen, sind nach Ansicht der Richter nur dann relevant, wenn sie sich gezielt gegen den anderen richten. Es muss also eine gezielte sittenwidrige Beeinträchtigung vorliegen. Dies ließen die Richter im vorliegenden Fall schon daran scheitern, dass der Vermieter von den Büroräumen des Mieters aus nur dann beim Sonnenbaden zu sehen war, wenn sich der Mieter bzw. seine Mitarbeiter weit aus dem Fenster beugten, also gezielt nach dem Vermieter schauten.

Vermieter im Bademantel im Treppenhaus kein Mietmangel

Der Mieter machte zudem geltend, dass der Vermieter bereits im Treppenhaus auf dem Weg zum Hof unbekleidet war und andere Bewohner bzw. Besucher bei einem Zusammentreffen für diese völlig überraschend mit seiner Nacktheit konfrontierte und schockierte. Dies bestritt der Vermieter aber und der Mieter konnte das Gegenteil nicht beweisen. Der Vermieter behauptete unwiderlegt, dass er im Treppenhaus stets einen Bademantel trägt und diesen erst im Hof unmittelbar vor der dort stehenden Sonnenliege auszieht.

Umfangreiche Bauarbeiten in Nachbarschaft sind ein Mangel – Mietminderung um 15 % angemessen

Nach Ansicht des Gerichts durfte der Mieter die Miete wegen umfangreicher Bauarbeiten in der Nachbarschaft der Immobilie für drei Monate um 15% mindern.

Die Baumaßnahmen und die damit verbundenen Beeinträchtigungen der Nutzbarkeit der gemieteten Räume durch Lärm und Staubimmissionen waren nicht mehr unwesentlich oder ortsüblich.

Für die angemessene Höhe der Mietminderung war einerseits zu berücksichtigen, dass es zu keiner Zugangsbeeinträchtigung für die Laufkundschaft des Mieters gekommen ist. Andererseits lag das Gebäude in einer ruhigen Nebenstraße in einem sehr gehobenen Wohngebiet. Die „Ruhe und Gediegenheit“ des Umfelds war somit Bestandteil der im Mietvertrag geregelten Beschaffenheit der Mieträume.

Im Erdgeschoss abgestelltes „Gerümpel“ kein Mietmangel

Im Erdgeschoss abgestelltes „Gerümpel“ war nach Ansicht der Richter dagegen kein Grund für eine Mietminderung. Das Verhalten anderer Mieter führt häufig zu Konflikten. In solchen Fällen ist eine Abwägung zwischen dem Gesichtspunkt der Sozialverträglichkeit und dem Gebot der Rücksichtnahme vorzunehmen. Typische Beeinträchtigungen durch im Flur abgestellte Sachen wie Kinderwagen, Schuhe, Schulranzen, Einkaufstüten oder Müllsäcke gehen nur in Ausnahmefällen, wenn sie besonders massiv sind, über das als sozialadäquat hinzunehmende Maß der Beeinträchtigung durch andere Mieter bzw. Hausbewohner hinaus.

Küchengerüche und muffiger Geruch kein Mietmangel

Auch typische Gerüche wie Küchengerüche zur Mittagszeit sind nach Ansicht der Richter im Regelfall als sozialadäquat hinzunehmen und berechtigten daher nicht zur Mietminderung.

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