Klausel in AGB von Netto-Onlineshop unwirksam

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Klausel in AGB von Netto-Onlineshop unwirksam: Vorkasse noch vor Vertragsschluss und unklare Frist für zustandegekommenen Vertrag.

Wirksamer Vertrag erst mit Zusendung Ware bei unklarer Lieferfrist

Wenn Kunden im Onlineshop von Netto bestellen und als Zahlungsmittel „Vorkasse“ wählen, müssen sie den Rechnungsbetrag innerhalb von 7 Tagen nach der Bestellung zahlen. Der Kaufvertrag kommt nach den AGB von Netto aber nicht mit der Bestellung oder jedenfalls dem Eingang der Zahlung zustande sondern erst mit Zusendung der Ware durch Netto. Als Lieferzeit werden bei Paketsendungen „ca. 1 bis 3 Tage“ angegeben, bei einer Lieferung durch eine Spedition „ca. 10 Werktage“. Bei Vorkasse verlängert sich die Lieferzeit um 3 Werktage. Somit kann es rund zwei Wochen dauern, bis der Kunde weiß, ob ein Vertrag zustande gekommen ist und er einen Anspruch auf die Lieferung der bestellten Ware hat. Die Verbraucherzentrale klagte gegen diese Praxis und bekam jetzt vor dem OLG Nürnberg Recht.

Kaufvertrag durch Angebot und Annahme

Ein Kaufvertrag kommt durch Angebot und Annahme zustande. Eine Vertragspartei muss also ein Angebot abgeben (Kauf bzw. Verkauf eines bestimmten Produkts zu einem bestimmten Preis), die andere Vertragspartei muss dieses Angebot annehmen. Das Angebot kann sowohl vom Verkäufer als auch vom Käufer gemacht werden.

Grundsätzlich kann ein Angebot nur sofort angenommen werden. Ist der andere bei Abgabe des Angebots nicht anwesend (also nicht im Geschäft bzw. Laden vor Ort und auch nicht am Telefon am anderen Ende der Leitung), kann das Angebot nur innerhalb der „allgemein üblichen“ Frist angenommen werden. Im Angebot kann auch eine Frist angegeben werden, innerhalb derer eine Annahme möglich ist. Mit Ablauf der Frist erlischt das Angebot.

Beim Onlineshop von Netto macht der Kunde mit der Bestellung das Angebot. Netto kann dieses Angebot durch die Zusendung der Ware innerhalb der vereinbarten Lieferfrist annehmen.

Klausel in AGB unwirksam bei unangemessener Benachteiligung des Kunden

Da AGB einseitig vom Anbieter vorgegeben werden und der Kunde auf die Regelungen keinen Einfluss nehmen kann – er kann die AGB entweder akzeptieren oder den Vertrag nicht abschließen –, ist im Gesetz geregelt, dass Klauseln in AGB unwirksam sind, wenn sie den Kunden unangemessen benachteiligen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Klausel von der entsprechenden Regelung im Gesetz abweicht und dies so, dass sie dem Kerngehalt der gesetzlichen Regelung widerspricht, oder wenn durch die Klausel wesentliche Rechte oder Pflichten aus dem Vertrag erheblich eingeschränkt werden. Die unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Klausel nicht klar und verständlich ist.

Ist die Klausel unwirksam, bleibt es bei der Regelung im Gesetz.

Urteil OLG Nürnberg vom 30.01.2024, Az.: 3 U 1594/23: Klausel in AGB unwirksam wegen unangemessener Benachteiligung der Kunden

Das OLG Nürnberg gab der Unterlassungsklage der Verbraucherzentrale statt und untersagte Netto die weitere Verwendung der Klausel. Das Gericht war der Ansicht, dass die Vorkasse-Regelung die Kunden unangemessen benachteiligt und daher unwirksam ist.

Zwar würden die Kunden das als Vorkasse gezahlte Geld zurückbekommen, wenn der Vertrag nicht zustande kommt. Sie haben aber keinen Anspruch auf die Lieferung der bestellten Ware und auch keinen Schadensersatzanspruch, wenn der Vertrag nicht zustande kommt. Darüber hinaus müssen sie einen längeren und zudem unklaren Zeitraum abwarten (die Angaben zu den Lieferfristen sind nur ca.-Angaben) bis feststeht, ob ein Vertrag zustande gekommen ist und sie die bestellte Ware bekommen. Während dieser Zeit steht ihnen der als Vorkasse gezahlte Betrag nicht zur Verfügung und sie können die Ware auch nicht anderweitig kaufen, ohne Gefahr zu laufen, die Ware dann doppelt zu bekommen und doppelt bezahlen zu müssen. Für die Kunden ist nicht erkennbar, wie lange Netto das mit der Bestellung angegebene Angebot annehmen kann. Auf der anderen Seite hat Netto kein berechtigtes Interesse, sich über einen so langen Zeitraum die Annahme der Bestellung vorzubehalten. 

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