In diesem Beitrag erklären wir das Risiko bei unterbliebener notarieller Beurkundung aller Verträge bei einem Kaufvertrag über Grundstück bzw. Immobilie im Zusammenhang mit weiteren baurechtlichen Verträgen zwischen Käufer und Verkäufer.
Formerfordernisse bei Verträgen
Grundsätzlich können Verträge formfrei, also ohne Einhaltung einer bestimmten Form, wirksam geschlossen werden. Ein Vertrag ist daher auch wirksam, wenn er beispielsweise mündlich, telefonisch, per E-Mail oder per Whats-App geschlossen wird. Nur in bestimmten Ausnahmefällen schreibt das Gesetz eine bestimmte Form vor, etwa Schriftform bei einem Aufhebungsvertrag über ein Arbeitsverhältnis. Ein Kaufvertrag über ein Grundstück oder eine Immobilie muss notariell beurkundet werden. Geschieht dies nicht, ist der Kaufvertrag unwirksam.
Kaufvertrag über Grundstück im Zusammenhang mit weiteren Verträgen
Der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich vor Kurzem mit der Frage beschäftigen, was gilt, wenn neben dem eigentlichen Kaufvertrag weitere Verträge zwischen Käufer und Verkäufer im Zusammenhang mit dem Grundstückskauf geschlossen werden. Müssen dann auch die weiteren Verträge notariell beurkundet werden und – wenn ja – welche Folgen hat es, wenn dies nicht geschieht.
Sachverhalt: Notarieller Grundstücksvertrag und nicht beurkundeter baurechtlicher Vertrag
Eine Gemeinde kaufte ein Grundstück unter der Bedingung, dass ein Bebauungsplan und ein Durchführungsvertrag zur Erschließung und Vermessung in dem Plangebiet „rechtskräftig“ werden. In den Kaufvertrag wurde daher eine entsprechende „aufschiebende Bedingung“ aufgenommen. Der Kaufvertrag selbst wurde vor einem Notar beurkundet. Der Durchführungsvertrag wurde dagegen nicht notariell beurkundet und war dem Kaufvertrag auch nicht als Anlage beigefügt. Nachdem alle Bedingungen erfüllt waren, übereignete der Verkäufer einen Teil des Grundstücks an eine andere Person. Diese Person wurde auch kurze Zeit später als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Die Gemeinde verlangte daraufhin vom Verkäufer die Herausgabe und Übereignung des Grundstücks. Sowohl das Landgericht Aachen als auch das Oberlandesgericht Köln wiesen die Klage ab. Vor dem Bundesgerichtshof konnte die Gemeinde zumindest einen Teilerfolg verbuchen. Der Bundesgerichtshof hob den Beschluss des Oberlandesgerichts auf und verwies den Fall zur Klärung von offenen Fragen an das Oberlandesgericht zurück.
Urteil BGH v. 29.01.2021, Az.: V ZR 139/19 - Formerfordernis & rechtliche Einheit zwischen Verträgen
Auch nach Ansicht des Bundesgerichtshofs hätte der Durchführungsvertrag notariell beurkundet werden müssen und wäre daher wegen eines Formmangels nichtig, also unwirksam, wenn zwischen dem Durchführungsvertrag und dem Kaufvertrag über das Grundstück eine „rechtliche Einheit“ bestehen würde. Ist der Durchführungsvertrag unwirksam, ist eine der vereinbarten Bedingungen nicht eingetreten und die Gemeinde hätte keinen Anspruch auf Erfüllung des Kaufvertrages.
Ob beide Verträge ein einheitliches beurkundungsbedürftiges Rechtsgeschäft bilden, ist laut BGH nach dem Willen der beiden Vertragsparteien (Käufer und Verkäufer) zu beurteilen. Wenn beide Verträge miteinander „stehen und fallen“ sollen, liegt eine rechtliche Einheit vor. Wenn es dagegen nur um das Zustandekommen des Durchführungsvertrags an sich gehen sollte, liegt keine rechtliche Einheit vor. Der getrennte Abschluss der beiden Verträge und die Aufnahme der aufschiebenden Bedingung in den Kaufvertrag sind nach Ansicht des BGH nur Indizien. Er verwies den Fall daher an das Oberlandesgericht zurück, das nun den Willen der Vertragsparteien ermitteln und dann erneut über den Fall entscheiden muss.
Verjährungsfrist für Ansprüche auf Übereignung und Herausgabe
Neben der Frage der rechtlichen Einheit der beiden Verträge war auch die Verjährungsfrist strittig. Ansprüche auf Übereignung von Grundstücken (Verschaffung Eigentum am Grundstück) verjähren nach dem Gesetz nach zehn Jahren. Umstritten ist aber die Frage, ob dies auch für einen Anspruch auf Herausgabe des Grundstücks (Verschaffung Besitz am Grundstück) gilt. Der Bundesgerichtshof entschied nun, dass für beide Ansprüche eine Verjährungsfrist von 10 Jahren gilt. Ohne eine einheitliche Verjährungsfrist würde es zu Widersprüchen kommen, da dann bezüglich des gleichen Grundstücks der eine Anspruch bestehen könnte, während der andere Anspruch bereits verjährt wäre.
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