
Vorverlegter Rückflug: kein Anspruch auf Schadensersatz wegen verpasstem Rückflug bei ausreichend Zeit zur Umplanung.
Information über Umbuchung auf früheren Rückflug am letzten Urlaubstag beim Auschecken aus Hotel
Ein Vater buchte für sich, seine Frau und die beiden Kinder (7 Jahre bzw. 1 ½ Jahre alt) eine Urlaubsreise nach Antalya. Das Auschecken im Hotel war für 12 Uhr vorgesehen, der Rückflug für 23:20 Uhr geplant. Am Vorabend der Rückreise wurde der Vater per E-Mail informiert, dass der Rückflug auf 23:55 Uhr verschoben worden ist. Am letzten Urlaubstag wurde er dann aber beim Auschecken aus dem Hotel um 12:00 Uhr von einem Mitarbeiter der Rezeption informiert, dass die Familie auf einen früheren Rückflug um 19:50 Uhr umgebucht worden ist. Der Shuttle-Bus vom Hotel zum Flughafen würde um 16:35 Uhr abfahren. Dies stellte die Familie vor Probleme.
Die Familie hatte geplant, den letzten Urlaubstag nach dem Auschecken aus dem Hotel beim Bruder des Vaters zu verbringen, der mit seiner Familie ebenfalls Urlaub in Antalya machte und in einem anderen Hotel untergebracht war. Daher hatte die Familie dem Bruder am Vortag die Reisepapiere und Pässe mitgegeben und der Bruder diese im Hotelsafe eingeschlossen. Da es der Familie am Abreisetag nicht mehr rechtzeitig gelang, die Reisepapiere und Pässe vom Bruder zu holen und zum Flughafen zu fahren, verpassten sie den Rückflug. Der Vater buchte daher am Flughafen bei einer anderen Airline einen Rückflug für den gleichen Abend für 600 € und verlangte anschließend vom Reiseveranstalter eine Erstattung der neuen Flugtickets und der außergerichtlichen Anwaltskosten.
Der Vater warf dem Reiseveranstalter vor, ihn nicht ordnungsgemäß über die Vorverlegung des Rückflugs informiert zu haben. Er hätte nur zufällig beim Auschecken im Hotel davon erfahren.
Urteil AG München vom 30.01.2024, Az.: 172 C 14078/23: kein Schadensersatz wegen ausreichend Zeit zur Umplanung aber Minderung Reisepreis wegen verkürzter Reisezeit
Das Amtsgericht München hat die Klage des Urlaubers im Wesentlichen abgewiesen und nur einen Anspruch auf Minderung des Reisepreises um rund 100 € wegen der durch den früheren Rückflug verkürzten Reisezeit bejaht.
Das Gericht hatte insbesondere Zweifel an der Behauptung des Vaters, die Familie hätte nach der Information über die Vorverlegung des Rückflugs „alles versucht, um den Flug noch zu erreichen.“
Die Familie hatte vor Gericht erklärt, dass sie nach dem Auschecken aus dem Hotel um 12:00 Uhr gegen 13:00 Uhr einen Markt aufgesucht hat, den die Familie des Bruders besuchte, um den Schlüssel fürs Hotelzimmer und den Hotelsafe zu erhalten. Erst gegen 15 Uhr hätten sie den Bruder gefunden und den Schlüssel bekommen. Danach hätten sie noch Essen für die Kinder besorgen und das Baby füttern und wickeln müssen. Daher wären sie erst um 17:15 wieder am eigenen Hotel angekommen und dort gegen 17:45 Uhr mit einem Taxi zum Hotel des Bruders gefahren, um die Reiseunterlagen und die Pässe zu holen. Anschließend wären sie mit „Vollgas“ per Taxi zum Flughafen gefahren. Als sie dort um 19 Uhr am Terminal ankamen, war das Boarding aber bereits abgeschlossen.
Vortrag zu unsubstantiiert / Ablauf am Abreisetag nicht nachvollziehbar dargelegt
Der Vortrag der Familie zum Ablauf des letzten Reisetages war dem Gericht zu unsubstantiiert, also zu unpräzise und lückenhaft. Immerhin lagen zwischen dem Auschecken im Hotel und der Abfahrt des Shuttlebusses 4 h 35 min. Es konnte nicht nachvollziehen, warum in diesem Zeitraum die Reisedokumente nicht aus dem Hotel des Bruders geholt werden konnten.
In einem Gerichtsverfahren muss jede Seite (Kläger und Beklagter) den Sachverhalt bzw. Ablauf lückenlos und nachvollziehbar vortragen. Das Gericht muss nachvollziehen können, warum was wie passiert ist. Geschieht dies nicht, läuft man Gefahr, alleine deshalb den Prozess zu verlieren.
Minderung Reisepreis, Schadensersatz und Entschädigung
Besteht ein Reisemangel, kann der Urlauber den Reisepreis entsprechend mindern. Je gravierender der Mangel ist und je länger er besteht, desto höher fällt die Minderung aus.
Neben der Minderung des Reisepreises kann der Reiseteilnehmer auch Schadensersatz verlangen, sofern durch den Mangel ein Schaden verursacht wurde (z.B. Buchung Ersatzhotel auf eigene Kosten), und bei einer erheblichen Beeinträchtigung der Reise auch eine angemessene Entschädigung (Schmerzensgeld) wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit.
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