Verdachtskündigung durch Arbeitgeber: Verdacht auf Arbeitszeitbetrug von Arbeitnehmer durch Manipulation der Zeiterfassung genügt. Wir klären in diesem Beitrag die Details.
Verdachtskündigung und Tatkündigung
Ein Arbeitgeber kann einem Arbeitnehmer nicht nur wegen eines erwiesenen Fehlverhaltens kündigen sondern auch dann, wenn ein dringender Verdacht vorliegt, dass der Arbeitnehmer eine schwerwiegende Pflichtverletzung begangen hat (z.B. eine Straftat). Vor Ausspruch der Kündigung muss der Arbeitgeber aber alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen, um den Sachverhalt aufzuklären. Er muss insbesondere den Arbeitnehmer zum Vorwurf anhören. Damit der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat, den Verdacht zu entkräften, muss der Arbeitgeber ihm die gegen ihn vorliegenden Verdachtsmomente konkret mitteilen. Falls die Anhörung nicht schriftlich sondern im Rahmen eines Personalgesprächs erfolgt, muss dem Mitarbeiter das Thema des Personalgesprächs aber nicht vorab mitgeteilt werden.
Bei der Verdachtskündigung handelt es sich nicht um eine verhaltensbedingte Kündigung (ein Fehlverhalten ist nicht bewiesen) sondern um eine personenbedingte Kündigung (der Kündigungsgrund liegt in der Person des Arbeitnehmers). Der betroffene Mitarbeiter ist für den Arbeitgeber aufgrund des gegen ihn bestehenden Verdachts nicht mehr tragbar.
Bei einer Tatkündigung muss der Arbeitgeber dagegen beweisen, dass der Arbeitnehmer die ihm vorgeworfene Straftat bzw. schwerwiegende Pflichtverletzung begangen hat. Da in diesem Fall – aus Sicht des Arbeitgebers – eine Aufklärung nicht mehr nötig ist, muss der Arbeitnehmer vor Ausspruch der Kündigung nicht zwingend angehört werden.
Verdacht der Manipulation der Zeiterfassung – dringender Verdacht durch Indizien, stichprobenartige Überprüfung u. Anhörung
Ein Mitarbeiter eines Jobcenters arbeitete in Gleitzeit. Seiner Vorgesetzten fiel auf, dass er – obwohl er in Vollzeit beschäftigt war und sie nur in Teilzeit – später als sie zur Arbeit kam und früher als sie den Arbeitsplatz verließ. Bei stichprobenartigen Überprüfungen wurde festgestellt, dass der Mitarbeiter in Zeiten, in denen er in der Zeiterfassung als anwesend angemeldet war, nicht in seinem Büro war sondern das Büro abgeschlossen war. So erhärtete sich der Verdacht, dass er über seine Lebensgefährtin, die ebenfalls – aber in Homeoffice – für das Jobcenter arbeitete, die Zeiterfassung von zu Hause aus manipulierte, indem er sich Stunden, bevor er tatsächlich zur Arbeit erschien, online einloggte. In einer Anhörung konnte er den Verdacht nicht entkräften. Der Arbeitgeber kündigte ihm daraufhin fristgerecht.
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 28.03.2023, Az.: 5 Sa 128/22: zerrüttetes Vertrauensverhältnis durch schwerwiegenden Vertrauensbruch
Der Arbeitnehmer erhob Klage gegen die Kündigung. Aber sowohl das Arbeitsgericht Stralsund als auch in der Berufung des LAG hielten die Kündigung für sozial gerechtfertigt. Die Manipulation der Zeiterfassung ist nach Ansicht des Gerichts ein so schwerwiegender Vertrauensbruch, dass eine Abmahnung nicht ausreichend ist. Das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist nachhaltig zerrüttet. Sogar eine fristlose Kündigung wäre nach Auffassung der Richter zulässig gewesen. Der Arbeitgeber muss darauf vertrauen können, dass Arbeitnehmer in Gleitzeit ihre Arbeitszeit korrekt erfassen.
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u.v.m.