Stornogebühren bei Reiserücktritt wegen Corona

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Ein Koffer als Bild für Stornogebühren bei Reiserücktritt wegen Corona

Regelungen im Gesetz zu Reiserücktritt und Stornokosten vom Reiseveranstalter

Stornogebühren bei Pauschalreisen

Nach dem Gesetz kann der Reiseveranstalter bei einem Reiserücktritt grundsätzlich Stornogebühren verlangen – die Höhe hängt davon ab, wie lange vor der Reise storniert wird. Eine Ausnahme besteht bei „unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umständen“ am Urlaubsort, die die Durchführung der Reise oder die Anreise erheblich beeinträchtigen. Die gesetzlichen Regelungen gelten nur für Pauschalreisen, nicht dagegen für selbst zusammengestellte Individualreisen.

Corona-Pandemie: ein erhebliches und unzumutbares Reiserisiko?

Nach Ansicht des BGH liegt eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne der gesetzlichen Regelung nicht nur dann vor, wenn feststeht, dass die Durchführung der Reise nicht möglich ist oder zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Gesundheit führt. Es reicht vielmehr aus, dass die Durchführung der Reise mit erheblichen und nicht zumutbaren Risiken in Bezug auf die Gesundheit des Reisenden verbunden ist. Maßgeblich ist die Prognose zum Zeitpunkt des Rücktritts aus der Sicht eines vernünftigen Durchschnittsreisenden. Die Corona-Pandemie im Sommer 2022 kommt laut dem BGH grundsätzlich als solch ein außergewöhnlicher Umstand in Betracht. Ob die Voraussetzungen erfüllt sind, hängt aber von den Um­stän­den des konkreten Ein­zel­falls ab.

In allen drei entschiedenen Fällen hatten die Kunden Anfang 2020 – also vor Beginn der Corona-Pandemie – eine Pauschalreise gebucht und sind später wegen der Corona-Pandemie von der Reise zurückgetreten. Sie verlangten daraufhin die geleistete Anzahlung zurück. Der Reiseveranstalter verlangte dagegen Stornogebühren in Form eines Prozentsatzes vom Reisepreis, deren Höhe vom Zeitpunkt der Stornierung abhing.

BGH, Az.: X ZR 66/21: Rücktritt von Flusskreuzfahrt wg. Coronapandemie – Vorerkrankung u. hohes Alter

In diesem Fall war die Reiseteilnehmerin 84 Jahre alt und hatte im Vorfeld der gebuchten Flusskreuzfahrt wiederholt Lungenentzündungen gehabt. Die Flusskreuzfahrt wurde schließlich mit einem angepassten Hygienekonzept und einer verringerten Passagierzahl durchgeführt.

Der BGH entschied zugunsten der Kundin. Die Enge an Bord eines Flusskreuzfahrtschiffes, die damals nicht bestehende Möglichkeit einer Impfung und einer Therapie gegen Corona, die Buchung vor Beginn der Pandemie und das Alter sowie der Gesundheitszustand der Kundin (Risikogruppe) waren für das Gericht entscheidend. Daran änderten auch die Durchführung der Kreuzfahrt mit Hygienekonzept und die befristete Reisewarnung des Auswärtigen Amtes nichts, die im Zeitpunkt des Rücktritts noch bestand aber vor Beginn der Reise auslief.

BGH, Az.: X ZR 84/21: Rücktritt von Kreuzfahrt nach Mallorca wg. Coronapandemie – Hotel in Reisezeitraum geschlossen

Hier bestand die Besonderheit, dass das vom Reiseteilnehmer gebuchte Hotel aufgrund der Corona-Pandemie zum Zeitpunkt seines Rücktritts und im Reisezeitraum geschlossen war. Der Kunde sollte daher in einem anderen als dem gebuchten Hotel untergebracht werden.

Dem Gericht reichte die allgemeine Unsicherheit wegen der Corona-Pandemie im Sommer 2020 nicht aus. Auch das geschlossene Hotel reichte nicht für eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise. Maßgeblich ist nach Ansicht der Richter, welche konkreten Infektionsrisiken im Reisezeitrum am Reiseziel (Urlaubsort) bestanden haben.

Eine Unterbringung in einem anderen als dem gebuchten Hotel hätte zwar einen Reisemangel darstellen können, der zu einer Minderung des Reisepreises berechtigt. Dies bedeute aber nicht automatisch, dass auch eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise vorliegt, die zu einem Rücktritt ohne Entschädigung des Reiseveranstalters berechtigt. Es muss vielmehr eine Gesamtwürdigung anhand der konkreten Ausgestaltung der Reise und der Art und Dauer der Beeinträchtigung erfolgen. Der BGH wies die Sache daher zur weiteren Aufklärung der konkreten Umstände an die Vorinstanz zurück.

BGH, Beschluss vom 30.08.2022, Az.: X ZR 3/22: Rücktritt von Reise wg. Coronapandemie - Absage Reise durch Reiseveranstalter nach Rücktritt

In diesem Fall wurde die Kreuzfahrt nach dem Rücktritt von der Reise vom Reiseveranstalter wegen der Corona-Pandemie abgesagt.

Der BGH hat hier das Verfahren ausgesetzt, um eine Entscheidung des EuGH abzuwarten. Bei dieser Entscheidung geht es um die Frage, ob Umstände, die nach dem Rücktritt auftreten, für die Frage der Stornogebühren zu berücksichtigen sind oder nicht.

 

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