Kürzung von Gewerbemiete auf die Hälfte: Corona-bedingte Geschäfts- bzw. Ladenschließung

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Kürzung von Gewerbemiete symbolisiert durch leere Holzkisten

Kürzung von Gewerbemiete: In diesem Beitrag erklären wir Ihnen mehr zum Urteil bzgl. Mietkürzung bei Corona-bedingter Geschäftsschließung bzw. Ladenschließung. 

Sachverhalt: Mieter kürzt Miete für den Zeitraum der Schließung und der Vermieter klagt

Der Vermieter einer Spielhalle verklagte den Mieter auf Zahlung der restlichen Gewerbemiete, nachdem der Mieter die Miete gekürzt hatte, da die Spielhalle aufgrund einer staatlichen Anordnung monatelang schließen musste.

Während das Landgericht die Klage abwies, war die Berufung des Vermieters vor dem Kammergericht teilweise erfolgreich.

Urteil Kammergericht Berlin v. 01.04.2021, Az.: 8 U 1099/20 – Kürzung von Gewerbemiete

Das Berufungsgericht entschied, dass die vereinbarte Miete um 50% zu reduzieren ist. Nach Ansicht des Gerichts konnte sich der Mieter wegen der staatlichen Schließungsanordnung auf eine Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB berufen und hatte daher einen Anpassungsanspruch in Bezug auf die Höhe der Miete.

Störung der Geschäftsgrundlage und Anpassungsanspruch des Mieters bzgl. Miete

Eine Störung der Geschäftsgrundlage liegt vor, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des geschlossenen Vertrages geworden sind, nach Abschluss des Vertrages schwerwiegend geändert haben und die Vertragsparteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Ist dies der Fall, kann eine Anpassung des Vertrages verlangt werden, wenn einer Vertragspartei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Dabei muss insbesondere die vertragliche oder gesetzliche Risikoverteilung berücksichtigt werden.

Für den Zeitraum der vollständigen Schließung des Geschäfts ging das Gericht von einer Störung der Geschäftsgrundlage aus und billigte dem Mieter ein Recht auf Anpassung der Höhe der Miete auf die Hälfte zu.

Die weitreichenden staatlichen Eingriffe in das Wirtschaftsleben und die Nutzungsmöglichkeit von Geschäften bzw. Geschäftsräumen sind nach Auffassung des Gerichts eine schwerwiegende Änderung der für die Vertragslaufzeit des Mietvertrages von Mieter und Vermieter vorgestellten Umstände. Eine Störung der Geschäftsgrundlage liege daher vor. Der Mieter konnte die angemieteten Räume während des relevanten Zeitraums nicht in der im Mietvertrag vorgesehenen Weise für sein Gewerbe, nämlich zum Betreiben einer Spielhalle, nutzen. Es sei daher zu vermuten, dass die Vertragsparteien für diesen Zeitraum eine Mietsenkung vereinbart hätten, wenn sie die Beschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie vorhergesehen hätten.

Einschränkungen durch Corona-Pandemie und Lockdown ist kein Verwendungsrisiko des Mieters

Grundsätzlich trägt der Mieter das sogenannte Verwendungsrisiko, also das Risiko, die gemieteten Räume zum vorgesehenen Zweck verwenden zu können. Etwas anderes gilt nur, wenn der Vermieter im Mietvertrag bestimmte Zusagen bzw. Zusicherungen abgibt. Gleiches gilt für die Gebrauchstauglichkeit, also dafür, dass die gemieteten Räume für die vorgesehene Verwendung auch geeignet sind.

Im entschiedenen Fall ging es aber um weitreichende staatliche Eingriffe in das Wirtschaftsleben aufgrund einer Pandemie. Das damit verbundene Risiko könne daher regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden. Der staatlich angeordnete Lockdown stelle einen tiefgreifenden, unvorhersehbaren, außerhalb der Verantwortungssphäre beider Vertragsparteien liegenden und potentiell existenzgefährdenden Eingriff in die im Vertrag zwischen Mieter und Vermieter vorausgesetzte Nutzungsmöglichkeit der vermieteten Räume dar. Daher seien – unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls – die Nachteile von beiden Vertragsparteien zu tragen und die Miete für den Zeitraum der vollständigen Betriebsschließung auf die Hälfte zu reduzieren.

Darüber hinaus entschied das Gericht, dass der Mieter eine konkrete Existenzbedrohung für den Fall, dass er weiterhin die volle Miete zahlen muss, nicht anhand betriebswirtschaftlicher Daten nachweisen muss. Bei einer Geschäftsschließung von einem Monat oder länger sei dies zu vermuten.

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