Fortbildungsvereinbarung und Rückzahlungsklausel
Wenn Arbeitgeber für die Fortbildung bzw. Weiterbildung von Mitarbeitern Kosten übernehmen oder den Mitarbeiter für die Teilnahme am Lehrgang bezahlt von der Arbeit freistellen, wollen sie sicherstellen, dass sich diese Investition in den Arbeitnehmer auch lohnt.
Daher werden oft Fortbildungsvereinbarungen mit Rückzahlungsklauseln geschlossen. Darin verpflichtet sich der Arbeitnehmer zur Rückzahlung der übernommenen Kosten bzw. des Gehalts für den Zeitraum der Freistellung, wenn er innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach Abschluss bzw. Beendigung der Fortbildung beim Arbeitgeber ausscheidet.
Rückzahlungsvereinbarung kann wirksam sein
Eine Rückzahlungsklausel in einer Fortbildungsvereinbarung ist grundsätzlich zulässig. Denn es ist legitim, dass der Arbeitgeber für die Übernahme von Kosten im Gegenzug verlangt, dass der Arbeitnehmer die neu erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten zumindest für einen bestimmten Zeitraum zu Gunsten des Arbeitgebers nutzt. Allerdings darf die Bindung an den Arbeitgeber nicht zu lange sein und bestimmte Fallkonstellationen müssen von der Rückzahlungsverpflichtung ausgenommen sein.
Zulässige Bindungsdauer
Wie lange der Arbeitgeber den Arbeitnehmer im Rahmen einer Fortbildungsvereinbarung an sich binden darf, hängt insbesondere davon ab, wie viele Kosten er übernommen hat und wie sehr dem Arbeitnehmer die Fortbildung am Arbeitsmarkt – also bei künftigen Bewerbungen – nutzt. Eine Bindung von mehr als 5 Jahren ist nur in absoluten Ausnahmefällen zulässig. Meist werden 6, 12, 18 oder 24 Monate (2 Jahre) vereinbart.
Rückzahlungspflicht nicht bei jedem vorzeitigen Ausscheiden
Arbeitgeber können nicht bei jedem vorzeitigen Ausscheiden des Arbeitnehmers eine Rückzahlung verlangen. Nicht zulässig ist dies beispielsweise, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis – ohne dass der Arbeitnehmer dazu Anlass gegeben hat – beendet (insb. durch betriebsbedingte Kündigung) oder den Arbeitnehmer durch Verstöße gegen arbeitsrechtliche Pflichten bzw. gegen den Arbeitsvertrag (z.B. Nichteinhaltung Arbeitsschutz, ausbleibende Gehaltszahlung, Verstoß gegen Arbeitszeitvorgaben) zu einer Eigenkündigung veranlasst.
Anteilige Rückzahlungspflicht
Eine Rückzahlungsverpflichtung ist zudem nur wirksam, wenn sich der zurückzuzahlende Betrag für jeden Monat, den der Arbeitnehmer nach der Fortbildung für den Arbeitgeber weiterarbeitet, anteilig verringert. Bei einer Bindungsdauer von 2 Jahren muss sich der Betrag also um 1/24 pro Monat verringern.
Transparenz der Rückzahlungsverpflichtung
Die Rückzahlungsverpflichtung muss zudem für den Arbeitnehmer transparent sein. Er muss also erkennen können, in welchen Fällen er welchen Betrag zurückzahlen muss. Die Kosten und deren Zusammensetzung (Lehrgangskosten, Bücherkosten, Prüfungsgebühren, Fahrtkosten, Übernachtungskosten, Gehalt für Freistellung ohne Arbeitgeberanteile Sozialversicherung) sowie die Bindungsdauer und die Fälle, in denen eine Rückzahlungspflicht besteht, müssen aus der Fortbildungsvereinbarung klar erkennbar sein.
Urteil BAG v. 1. März 2022, Az.: 9 AZR 260/21: krankheitsbedingte Eigenkündigung
Im entschiedenen Fall hatte der Arbeitnehmer vorzeitig krankheitsbedingt das Arbeitsverhältnis gekündigt. Daraufhin forderte der Arbeitgeber die übernommenen Kosten zurück. Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil die vereinbarte Rückzahlungsverpflichtung für unwirksam erklärt. Eine Rückzahlungsverpflichtung auch bei einer krankheitsbedingten Eigenkündigung – also rein aus gesundheitlichen Gründen und nicht, um die neuen Kenntnisse zu einem anderen Arbeitgeber mitzunehmen und dort ein höheres Gehalt zu bekommen – benachteiligt den Arbeitnehmer nach Ansicht des Gerichts unangemessen, da der Arbeitnehmer hier das Arbeitsverhältnis unverschuldet nicht fortsetzen kann.
Fortbildungsvereinbarungen im Regelfall AGB
Da der Arbeitgeber die Fortbildungsvereinbarung im Regelfall einseitig vorgibt und der Arbeitnehmer auf den Inhalt und die Formulierung der Vereinbarung keinen Einfluss hat, stellt die Vereinbarung eine so genannte Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) des Arbeitgebers dar. Daher ist sie nach AGB-Recht unwirksam, wenn sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt. Ist die vereinbarte Bindungsdauer zu lang oder ist die Vereinbarung zu weitgehend – werden also zu viele Fälle von der Rückzahlungsverpflichtung umfasst – ist sie unwirksam. Da die Vereinbarung dann komplett wegfällt, muss der betroffene Arbeitnehmer in keinem Fall Kosten zurückzahlen – also auch nicht in den Fällen, in denen eine Rückzahlungsverpflichtung an sich zulässig wäre.
Differenzierung in Rückzahlungsverpflichtung nach Beendigungsgründen nötig
Eine Rückzahlungsverpflichtung ist nur zulässig, soweit es der Arbeitnehmer selbst in der Hand hat, durch eigene Betriebstreue der Rückzahlungsverpflichtung zu entgehen. Dies muss in der Rückzahlungsklausel der Fortbildungsvereinbarung entsprechend geregelt sein.
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u.v.m.