Economy Class statt Premium Economy: Rücktritt und Stornokosten

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Economy Class statt Premium Economy: kein Grund für Rücktritt von Reise ohne Stornokosten. Wir erklären die Details.

Umbuchung durch Reiseveranstalter von Premium Economy zu Economy Class

Ein Ehepaar hatte bei einem Reiseveranstalter eine Pauschalreise nach Kuba für rund 4.300 € gebucht und eine Anzahlung geleistet. Die Reise umfasste den Hin- und Rückflug in der Premium Economy Class und 11 Übernachtungen. Fünf Monate vor Reisebeginn teilte das Reisebüro mit, dass die Airline die Premium Economy Class nicht mehr anbietet und die Urlauber daher auf die Economy Class umgebucht werden. Als Entschädigung bot der Veranstalter 150 € pro Person an. Die Urlauberin lehnte dies ab und erklärte stattdessen den Rücktritt von der Reise. Der Veranstalter behielt daraufhin die geleistete Anzahlung von rund 860 € als Stornokosten ein. Die Urlauberin war damit nicht einverstanden und klagte vor Gericht auf Rückzahlung der Anzahlung.

Kostenloser Rücktritt von Reise (ohne Stornokosten) nur bei erheblicher Beeinträchtigung der Reise bzw. Anreise

Vor Reisebeginn kann der Reisende jederzeit vom Vertrag zurücktreten. Er muss dann den vereinbarten Reisepreis nicht zahlen, der Veranstalter kann aber eine angemessene Entschädigung verlangen, also Stornokosten. Im Reisevertrag bzw. den AGB können pauschale Beträge für die zu zahlenden Stornokosten vereinbart werden. Dabei müssen

  • der Zeitpunkt der Stornierung (also der Zeitraum zwischen Stornierung und Reisebeginn)
  • die zu erwartende Ersparnis von Aufwendungen des Reiseveranstalters und
  • der zu erwartende Erwerb durch anderweitige Verwendung der Reiseleistungen (also die Vergabe des frei gewordenen Platzes an andere Urlauber, so dass der Reiseveranstalter den Reisepreis anderweitig erhält)

berücksichtig werden.

Keine Stornokosten sind dagegen zu zahlen, wenn am Urlaubsort oder in dessen unmittelbarer Nähe „unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände“ auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Anreise zum Urlaubsort erheblich beeinträchtigen. Umstände sind unvermeidbar und außergewöhnlich, wenn der Urlauber bzw. der Reiseveranstalter keinen Einfluss auf sie hat (z.B. Naturkatastrophe, Pandemie, Bürgerkrieg, Terroranschlag) und sich ihre Folgen auch nicht durch zumutbare Vorkehrungen hätten vermeiden lassen.

Die Urlauberin hielt die Umbuchung für einen Reisemangel, der die Reise erheblich beeinträchtigte.

Sie brachte vor, dass sie für die Premium Economy Class einen Aufpreis von 1.148 € gezahlt hatte. Das Upgrade wäre zudem aus medizinischen Gründen erfolgt, da sie wegen eines erblich bedingten erhöhten Thromboserisikos eine größere Beinfreiheit benötigt.

Urteil AG München vom 17.10.2023, Az.: 223 C 12146/23: kein erheblicher Reisemangel

Das Amtsgericht hat die Klage der Urlauberin abgewiesen. Ein kostenloser Reiserücktritt ist nur möglich, wenn der Reisemangel die Reise erheblich beeinträchtigt. Eine solche Beeinträchtigung sah das Gericht nicht.

Der Flug war nur ein Bestandteil der Reise und in Bezug auf die Dauer nur ein geringer im Vergleich zu den 11 Übernachtungen am Reiseziel. Daher sahen die Richter keinen erheblichen Mangel. Die Urlauberin hatte zudem keine Beweismittel (z.B. Kontoauszug, Buchungsbestätigung) dafür vorgelegt, dass sie tatsächlich den behaupteten Aufpreis bezahlt hatte. Außerdem hatte sie das erhöhte Thromboserisiko dem Reiseveranstalter erst bei der Stornierung mitgeteilt und nicht vor Buchung der Reise. Somit war die gesundheitliche Einschränkung nicht Grundlage des Vertrages geworden und daher nicht zu berücksichtigen. Eine größere Beinfreiheit wäre zudem auch in der Economy Class durch die Buchung eines Sitzes am Notausgang oder eines XL-Sitzes möglich gewesen.

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