Wann haben Sie Anspruch auf Erstattung von Reisepreis? Wie war die Lage in der Vergangenheit und was hat sich in Zeiten des Coronavirus geändert? Wir klären Sie auf.
Gesetzliche Regelung zu Erstattung von Reisepreis:
Nach § 651 h Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hat der Reiseveranstalter bei einer Pauschalreise Anspruch auf eine angemessene Entschädigung, wenn der Kunde vor Beginn der Reise vom Vertrag zurücktritt. Dies gilt nur dann nicht, wenn am Urlaubsort oder in dessen unmittelbarer Nähe „unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände“ auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Urlaubsort erheblich beeinträchtigen.
Bisherige Handhabung durch Gerichte
Bisher haben Gerichte solche Umstände insbesondere dann bejaht, wenn eine offizielle Reisewarnung des Auswärtigen Amtes für das Reiseziel bzw. den Urlaubsort vorlag. Ohne eine solche Reisewarnung sind Kunden ein erhebliches Risiko eingegangen, bei einem Rücktritt vom Reisevertrag – bei einer kurzfristigen Absage erhebliche – Stornogebühren zahlen zu müssen.
Neues Urteil Amtsgericht Frankfurt am Main vom 11.08.2020 (Az.: 32 C 2136/20):
Das Amtsgericht Frankfurt hat nun in einem Fall, in dem ein Kunde wegen der Ausbreitung von Corona am Urlaubsort vom Reisevertrag zurückgetreten ist, entschieden, dass eine Reisewarnung keine Voraussetzung ist. Ausreichend sei vielmehr, dass bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine gesundheitsgefährdende Ausbreitung des Coronavirus im Reisegebiet besteht.
Der Kläger stornierte am 07.03.2020 wegen der sich weltweit ausbreitenden Corona-Pandemie seine ab dem 14.04.2020 geplante Reise nach Italien. Die beklagte Reiseveranstalterin machte daraufhin Stornierungsgebühren geltend und zahlte nicht den gesamten Reisepreis zurück. Sie begründete dies damit, dass keine offizielle Reisewarnung für das Urlaubsgebiet vorlag. Das Gericht gab nun der Klage des Kunden auf Rückzahlung des kompletten Reisepreises statt.
Erstattung von Reisepreis – unsere Empfehlung
Sofern Sie wegen der wieder steigenden Zahlen von Corona-Infektionen über einen Rücktritt von einer gebuchten Reise nachdenken, sollten Sie daher die Situation vor Ort genau prüfen und Belege für die Entwicklung der Fallzahlen sammeln.
Auch im Vorfeld einer Buchung können Sie tätig werden. So kann es sich lohnen, mit dem Reiseveranstalter bzw. Reisebüro zu besprechen, inwieweit eine kostenlose Stornierung möglich ist, wenn sich die Situation vor Ort bis zum geplanten Reisebeginn ändert und die Fallzahlen an Corona-Infektionen steigen. Gerade aufgrund der schwierigen Situation von Reiseveranstaltern und Reisebüros sind diese aktuell oft bereit, Zusagen zu machen und unter bestimmten Voraussetzungen einen kostenfreien Rücktritt bis kurz vor Reisebeginn zu ermöglichen bzw. auf eine Anzahlung zu verzichten. Achten Sie aber darauf, dass Ihnen dies schriftlich bestätigt wird und dass in der Bestätigung die genauen Bedingungen stehen.
Sie haben Fragen zur Erstattung von Reisepreis oder rund um einen Reisevertrag?
Rufen Sie einfach an oder schreiben eine E-Mail und vereinbaren einen Termin für eine individuelle Beratung – egal ob in unserer Kanzlei in Stuttgart, telefonisch, per Zoom bzw. MS Teams oder per E-Mail.
Infos zu unserer Rechtsberatung rund um das Thema Vertragsrecht finden Sie hier auf unserer Webseite. Zu Corona und Stornokosten bei Reisen haben wir auch hier schon geschrieben.
Weitere Tipps bzgl. Corona finden Sie unter anderem hier. Wir bieten Ihnen zum Beispiel Information zu Corona und betriebsbedingte Kündigungen oder zum Thema Gehaltsanspruch bei Quarantäne.